Der Dieb und der Söldner: Die Gaukler Chroniken 1 (German Edition) by Sam Feuerbach

Der Dieb und der Söldner: Die Gaukler Chroniken 1 (German Edition) by Sam Feuerbach

Autor:Sam Feuerbach [Feuerbach, Sam]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: www.samfeuerbach.de
veröffentlicht: 2019-11-30T23:00:00+00:00


Der Wundarztgeselle

Unruhe schwappte durch das Lager wie ein wildgewordener Bienenschwarm. Die Gerüchte stimmten, es war zu ersten Kampfhandlungen gekommen. Und zu ersten Toten. Tatsächlich rief der Medikus Raffael zu sich. »Wundarztgeselle, auf halbem Weg zur feindlichen Burg hat es ein Scharmützel gegeben. Inzwischen ist das Gebiet gesichert. Fahr mit dem Karren dorthin und sieh nach, was du tun kannst. Die Verletzten transportierst du hierher.«

»Ja, Meister.«

Auf der einen Seite war der Gaukler froh, etwas tun zu können, auf der anderen Seite wurde ihm klar, dass damit der Krieg endgültig bei ihm angekommen war. Mehr noch, er wurde mitten hineingeworfen – in einen Kampf, der nicht der seine war. So wie viele andere in diesem verdammten Zeltlager auch. Missmutig spannte er Diego vor den Karren. Etwas Gutes hatte sein Zwangsengagement in der Armee: Einer der zahlreichen Handwerker hatte den Wagen repariert. Nun waren die Räder wie neu und die Achsen geschmiert. Zwei morsche Planken der Ladefläche waren auch ersetzt worden. Beste Pflege der militärischen Fuhrwerke – aufs Material wurde geachtet, auf die Menschen weniger.

Als er sah, wie sich sein Pferd über die anstehende Bewegung freute, verbesserte sich seine Laune etwas. Er schwang sich auf den Bock. »Na dann mal los, Diego. Und das Ohrenanlegen kannst du dir sparen. Gefahr lauert hier hinter jedem Busch und unter jedem Stein.«

Auf der Strecke zum Ort des Geschehens patrouillierten etliche eigene Soldaten, sodass er nicht befürchten musste, angegriffen zu werden. Den Gedanken an Flucht hatte er bis auf Weiteres aufgeschoben – mitten im Feindesland würde er nicht weit kommen. Am Wegrand lagen zwei Tote mit dem Wappen von Herzog Bodenstein auf der Brust. Ein Bär auf zwei Beinen. Hatten sie die schützende Burg verlassen, um ein Zeichen zu setzen?

Wenig später stieß Raffael auf eigene Männer, die eine Traube bildeten. Der frischgebackene Feldscher wider Willen hielt den Karren an. »Gibt es Verletzte?«

Ein Söldner mit einer Schnittwunde am Arm winkte ab und meinte: »Alles halb so schlimm, ich reite selbst ins Lager zurück. Die beiden dahinten hat es schlimmer erwischt.«

Einer von Garsicks Gardesoldaten stützte einen Kameraden mit einem tiefen Stich im Oberschenkel. Das Bein war bereits abgebunden worden, sodass die Wunde kaum blutete. Der Medikus würde sie gleich im Lazarett klammern. Sie halfen dem Verletzten auf den Karren, der sich stöhnend auf den Rücken fallen ließ. Ein weiterer Soldat kam mit einem leblosen Körper über der Schulter herbeigestiefelt. »Ihn haben sie aus dem Hinterhalt erwischt. Er ist nicht ansprechbar, atmet jedoch noch«, erklärte er.

Zu dritt packten sie zu, um den Ohnmächtigen ebenfalls auf die Ladefläche zu verfrachten.

»Das sind alle Verletzten«, meinte der Soldat. »Bei den anderen Kameraden kommt jede Hilfe zu spät.«

»Ich sehe, was ich tun kann«, sagte Raffael, wandte sich dem neuen Patienten zu und erschrak. Eine verzerrte Fratze starrte durch ihn hindurch ins Nirgendwo. Ein Augapfel stand ein Stück vor. Dieser Mann … er sah genauer hin. Derart entstellt hätte er ihn beinahe nicht erkannt, zumal Zopf und Ohrring unter dem Helm verborgen waren, doch das junge Gesicht hatte er nicht vergessen. Wieland, sein Tischgenosse aus der Spelunke, erlebte sein erstes Söldnerabenteuer.



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